Sonntag, 8. Dezember 2013

Parkinson-Habitus: eine Folge von "Unkenntnis" ?

Dem Parkinson-Patienten geht es nicht anders als allen anderen Menschen: Seine merkwürdige Kombination negativer Habitus-Ausprägungen ist die Folge tiefgreifenden Unwissens über die reale Beschaffenheit der Psyche und seines Bewusstseins. Wie alle anderen Menschen verkennt er das wahre Wesen seiner Vorstellung vom Ich. Dass der Mensch sich im Grundatz mit einem Ich-losen Selbst (selfless self) begnügen muss, da eine andere Form des Ich bzw des Selbst unauffindbar und unlokalisierbar ist, dies begreift er erst nach seinem "vollkommenen Erwachen". Bis dahin verbleibt er im Dunkel der Unkenntnis seiner eigenen Beschaffenheit. - Dieses ist nun nicht metaphorisch oder religiös gemeint, sondern erkenntnistheoretisch und neurobiologisch.

Wie aber gerät der Parkinson-Patient in seine kognitive Sackgasse, die aus verfestigten Fehlurteilen besteht, die sich in ihren Wiederholungen gegenseitig verstärken? Sein Habitus wird zu einem immer schwerer werdenden "Gepäck", bis er dieses eines Tages nicht mehr tragen kann und sein Krankheitsbild unübersehbar wird. Das "Rad des Lebens" (Rad des Karma) mit seinen sich gegenseitig bedingenden Gliedern einer langen Kette von Ursachen hat ihn zu einem Punkt gebracht, der ohne Übertreibung als Sackgasse zu bezeichnen ist.

Was ist das, dies "Rad des Lebens"?

Hier ist eine übersichtliche Darstellung, die Francisco Varela's Werk "The Embodied Mind - Cognitive Science and Human Experience" entnommen wurde. (Varela arbeitete damals - 1986-1990 - am Institut de Neurosciences, URA 1199, des Centre National de Recherche Scientifique der Ecole Polytechnique, Paris).


Die im Kreis des Lebens rundum versammelten Glieder ("nidanas") der Verursachungskette werden hier ins Deutsche übersetzt und gemäss Varela's Erklärungen kurz charakterisiert:


1  Ignorance   =    Unkennntnis

2  Volitional Action  =   Willensakt

3  Consciousness    =    Bewusstsein

4  Psychophysical Complex =   
                                  Körper-Geist-Kombination

5  Six Senses  =   Sechs Sinne 
(Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Berühren, Denken)

6  Contact       =   Kontakt 
(Jeder Ausgenblick des Bewusstseins steht für einen Kontakt zwischen einem der Sinne und seinem Objekt.)

7  Feeling       =   Gefühl
(Gefühl - angenehm, unangenehm oder neutral - entsteht durch Kontakt.)

8  Craving      =   Gier
(Gier entsteht aus Gefühl. Gier ist das Verlangen nach Angenehmem und die Abneigung gegen Unangenehmes. Gier ist eine grundlegende, automatische Reaktion. Gier ist eines der wichtigsten Glieder der Kette der Verursachung. Exakt an diesem Kettenglied kann die erwachte Person etwas tun, um die Automatik des Kreislaufs zu unterbrechen. Der Umgang mit der Gier entscheidet über den weiteren Verlauf: Es geht alles weiter wie bisher, oder ein Wandel tritt ein.)

9  Grasping     =   Zugreifen  
(Gier führt unmittelbar zum Zugreifen und Festhalten: Zugriff auf das, was man ersehnt aber nicht hat, und Abneigung gegen das, was man hat und was man loszuwerden trachtet. Zugreifen ist nicht nur physisch sondern auch geistig zu verstehen.)

10  Becoming    =     Entstehen
(Zugreifen setzt automatisch die Reaktion des Entstehens aus - im Sinne des Formierens einer neuen Situation in der Zukunft. Neue Tendenzen und Stützsysteme bilden sich heraus als Resultat kumulativer Wirkungen der voraus gegangenen sieben Beweggründe, die wiederum in Bewegung gesetzt wurden durch Willensakte auf Grund von Unkenntnis. Hierdurch wachsen neue Muster heran, die zu veränderten Situationen in der Zukunft führen.) 

11  Birth      =      Geburt
(Mit der Geburt wird schliesslich eine neue Situation zur Welt gebracht bzw. ein neuer Modus des Seins in jener Situation. Es ist für gewöhnlich nur an diesem Punkt, dass jemand die Kette der Verursachungen spürt und etwas daran zu ändern beabsichtigt. Ironischerweise ist im normalen Leben der Zeitpunkt der Umkehrbarkeit bereis überschritten, so dass der Erwachende nichts mehr tun kann, um das Weiterdrehen des Rades zu stoppen.)

12  Decay and Death  =   Vergehen und Tod
(Augenblicke und Situationen vergehen, das Leben endet. Das Vergehen eines Augenblicks der Erfahung ist - gemäß buddhistischer Analyse der Verursachung - eine kausale Vorbedingung für die Entstehung des nächsten Augenblicks. Wenn dann immer noch Unkenntnis und Verwirrung herrschen, wird sich das Rad in gewohnter Weise weiter drehen - unaufhörlich.
Der Umkreis bedingter menschlicher Existenz wird als samsara bezeichnet und als ein sich ewig drehendes Rad der Existenz visualisiert, angetrieben durch unweigerliche Verursachung und von Unzufriedenheit durchdrungen.
Aber es gibt eine Art Rettungsstation in diesem Kreislauf, und zwar liegt diese Staion exakt an der Stelle des Übergangs von der   Gier zum Zugreifen. Gier muss nicht unbedingt zum Zugreifen führen. 
Hier an dieser Stelle wird das Konzept der "Achtsamkeit" (mindfulness) ins Spiel gebracht. Durch genaue, disziplinierte Achtsamkeit in jedem einzelnen Augenblick kann der Mensch die Kette automatischer Konditionierung unterbrechen - man kann eben auch nicht den automatischen Weg von der Gier zum Zugreifen gehen und damit allem entgehen, was danach kommt bzw. käme. Das Unterbrechen habitueller Gewohnheiten und Muster führt zu weiterer Achtsamkeit und gestattet es dem Praktizierenden zu entspannen, zu offeneren Formen der Bewusstheit überzuwechseln und einen Einblick in die Entstehung und in das Vergehen der erfahrenen Phänomene zu gewinnen.






    



Freitag, 6. Dezember 2013

Erkenntnis bricht 5 Habitus-Blockaden

Die Blockaden zu knacken, die der Parkinson-Patient durch seine fünf Habitus-Ausprägungen immer weiter verfestigt hatte, ist das gesetzte Ziel (vgl. auch Post vom 20.10.2013). Erst wenn dieses Kunststück gelungen ist, hat der bemühte Patient eine Chance auf eine zunächst graduelle, später sich beschleunigende Stabilisierung seiner Lebensenergie. Nun darf sich der Leser nicht verwundert zeigen, dass es um die Veränderung seiner zwanghaft durch Angst und Scham charakterisierten Beziehungen zu seinen Mitmenschen geht, und nicht etwa um den Zugewinn von Energie durch Krafttraining oder "Kraftfutter". Stattdessen geht es hier um einen

 Erkenntnis-Prozess,

den der Patient nur selbst durchlaufen muss und kann. An die Stelle von Erschrecken, Furcht, Beklemmung und Scham müssen ganz neue innere Erlebnisse und Gefühle treten, wie Freude über Begegnungen, Gelassenheit gegenüber der Zukunft und Großmut gegenüber anderen. Doch: wie soll das auf den Weg gebracht werden und dann auch noch funktionieren?

1. Änderung der Wahrnehmung

Anstatt die Umwelt als etwas außer mir Existierendes wahrzunehmen und eine so betrachtete Umwelt durch die düsteren "Brillengläser" der 5 Blockaden (= 5 Formen des Habitus - Engl. dispositional formations, habitual patterns, personality traits) als triste Einöde zu "erkennen", erkennt sich der Patient erstmalig als aktiver Bestandteil seiner Umwelt (Dinge und Lebewesen) und erreicht eine Interpretationsweise seiner Umwelt, die sich gegenüber seinen Mitmenschen in drei Varianten zwischenmenschlichen Umgangs manifestiert:

3 Varianten zwischenmenschlichen Umgangs:

Variante 1:  
Einfühlung 
(sich in andere hinein versetzen)

Variante 2: 
Liebe ohne Vorbedingungen                                      (Liebe auch bei Versagen, Elend und Krankheit)

Variante 3:  
liebevolle Zuwendung 
(Konzentration des Gefühls auf eine Person) 

Die vorgenannten 3 Varianten zwischenmenschlichen Umgangs dürfen mit den folgenden Emotionen keinesfalls verwechselt oder "verwässert" werden, wenn sie ihre Transformationsaufgabe hinsichtlich einer "segensreicheren" Form der Wahrnehmung erfüllen sollen: 

Emotion X: erotische Anziehung
Emotion Y: sexuelles Begehren
Emotion Z: akutes Verliebtsein

X, Y und Z stehen für das Bewirken höherer Erkenntnisse nicht zur Verfügung. Sie stehen auf der Stufe der ebenfalls lebenswichtigen Gefühle, wie "Durst", "Hunger" oder "Bewegungsdrang".

Die Analyse und theoretische Ableitung des Transformationspozesses lesen sie bitte im Original :

Francisco Varela, Evan Thompson and Eleanor Rosch: The Embodied Mind - Cognitive Science and Human Experiemce, Kapitel "Ethics and Human Transformation", S. 245 - 254


2. Achtsamkeits-Meditation zur Läuterung

3. tiefenpsychologische Therapie

4. tagtägliches Übungsprogramm inklusive

4.1. Qigong bzw Yoga, spezialisiert
4.2. Physiotherapie bzw. Osteopathie
4.3. Mediationsformen nach Bedarf
4.4. Psychosomatisches Akupressur-Proramm 
4.5. Akupunktur-Eigenaktivität mit elektronischem Stift für das Auffinden und Stimulieren der Meridian-Punkte



In den älteren Posts finden sie mengenweise konkrete Empfehlungen zum täglichen Übungsprogramm auf allen Stufen.
Viel Erfolg!